Über die Abzockerinitiative stimmen wir ja am 3. März ab, der Abstimmungssonntag dürfte also recht spannend werden.
Im Herbst steht dann aber die 1:12-Initiative zur Abstimmung, die ist deutlich wichtiger. Denn anders als jetzt Abzockerinitiative und Gegenvorschlag betrifft die 1:12-Initiative alle, wirklich alle, Unternehmen. Also auch nicht börsenkotierte, Staatsbetriebe, Vereine, etc. Die genaue Definition hängt dann vom Gesetzgeber ab.
Die Abzockerinitiative hat weitere Schwächen: So werden die hohen Löhne damit nicht verhindert, sondern die Aktionäre müssen darüber abstimmen. Die 1:12-Initiative hingegen schreibt eine Lohnbandbreite vor: Der tiefste Lohn soll nicht kleiner als ein Zwölftel des höchsten Lohnes sein – oder umgekehrt – der höchste Lohn soll nicht höher als das Zwölffache des tiefsten Lohnes im gleichen Unternehmen sein.
Damit werden gleich zwei Probleme gelöst: Erstens gilt diese Lohnbandbreite (ausser sinnvolle Ausnahmen, siehe Initiativtext) und sie gilt überall. Am Gesetzgeber würde es liegen, die Definition von Unternehmen angemessen zu gestalten, so dass auch Tochterfirmen und Holdings darunter fallen. Zweitens beschränkt sie die Löhne in zwei Richtungen: gegen oben und gegen unten. Damit wird es interessant, die Mindestlöhne anzuheben, denn für jeden Franken unten, könnte es oben zwölf geben.
Und für alle, die jetzt darin einen Angriff auf die KMU sehen: Zeigt mir zuerst eines, bei dem die Lohnspanne weiter ist als 1:12! Überhaupt: Niemand soll in einem Monat mehr verdienen, als ein anderer in einem ganzen Jahr.
Die beiden anderen Lieblingsargumente der Gegner sind, es werde dann alles ausgelagert und die Spitzenkräfte würden uns dann verloren gehen. Zum letzteren muss gesagt sein, dass diese Spitzenleute oft nicht die beste Arbeit abgeliefert haben, dafür aber feudal entlohnt wurden. Und zum ersten Argument: Ausgelagert wird schon seit Jahrzehnten alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Ob die Auslagerung eine Strategie zur Umgehung sein wird, denn je nach Gesetz könnte trotz Auslagerung in eine Tochterfirma für die gesamte Unternehmung 1:12 als Lohnbandbreite gelten.
Denn bei der Lohndiskussion geht es nicht um Fragen von Wirtschaftsfreundlichkeit oder Schäden für die Wirtschaft. Es geht darum, gerechte Löhne für alle durchzusetzen. Viele in der Schweiz können von ihrem Lohn nicht leben, während einige wenige immer mehr verdienen. Die Spitzenlöhne steigen stärker als die Produktivität, während alle, welche diese Produktivität erarbeiten, mit kleineren Lohnzuwächsen auskommen müssen. Die ganze Ungerechtigkeit bei Einkommen und Vermögen findet man auch immer wieder im jährlichen Verteilungsbericht.
Am 3. März braucht es ein JA zur Abzockerinitiative, damit die Lohnexzessen aufhören und wir für eine gerechtere Wirtschaft arbeiten können. Doch die Abzockerinitiative setzt im besten Fall ein Zeichen. Nachher müssen mit der Mindestlohninitiative, der Erbschaftssteuerinitiative und eben mit der 1:12-Initiative die Arbeit zu Ende bringen.
Foto von akarakoc auf Flickr