Mein Artikel zur 1:12-Initiative, erschienen im In Birsfelden Nr. 1 November 2013, hier etwas ausführlicher.
In Birsfelden wären viele von der 1:12-Initiative betroffen. Tatsächlich so gut wie alle. Denn alle würden davon profitieren, dass oben nicht mehr einfach abgeschöpft wird und für die unten nichts mehr bleibt. Die Löhne werden aus einem Topf bezahlt und wenn oben weniger weggeht, bleibt mehr alle darunter. Auch hat die 1:12-initiative einen eingebauten Anreiz: Wird nämlich der tiefste Lohn um einen Franken erhöht, können oben gleich zwölf dazugezahlt werden.
Millionenlöhne sind schlecht, aus drei Gründen. Erstens sind sie ökonomisch schädlich. Denn während einige für kleine Löhne schuften, haben andere mehr, als sie überhaupt ausgeben können. Doch wegen dieser extrem ungleichen Verteilung müssen Prämien subventioniert, öffentliche Dienstleistungen verbilligt werden. Das alles zahlen die Steuerzahler, also diejenigen, welche in ihrer überwältigenden Mehrheit keine Abzockerlöhne haben. Wenn Leute mit mittleren und tiefen Löhnen mehr in der Tasche haben, geben sie das auch wieder aus, sie konsumieren und stärken damit die lokale Wirtschaft – ganz im Gegenteil zu den Millionären.
Zweitens ist es ungerecht, wenn einige sich einen Monat lang, zweiundvierzig Stunden in der Woche, von sieben Uhr früh bis 6 Uhr abends in ihrem Beruf einsetzen – gleichzeitig Brady Dougan fünf Minuten im Büro sein muss, um gleich viel zu verdienen. Mit Leistung oder Verantwortung hat das nichts mehr zu tun, dafür mit Gier.
Und drittens ist es eine Frechheit, so zu tun, als ob nur mit derart exzessiven Löhnen gute und verantwortungsvolle Arbeit möglich wäre. Jedes kleine oder mittlere Unternehmen hält sich ja an 1:12, in der Regel ist das Verhältnis deutlich kleiner – oft sogar kleiner als 1:5. All die Angestellten, die jeden Morgen aufstehen, sehr gute Arbeit leisten und keine Million am Monatsende überwiesen bekommen, Birsfelden würde auch nicht weniger Steuern einnehmen, eher sogar mehr. Denn wenn Abzocker keine Millionenlöhne mehr bekommen, bleibt mehr für alle anderen. Und wer mehr Lohn verdient zahlt auch mehr Steuern – kauft aber auch mehr ein.
Dass irgendeine Firma wegen der 1:12-Initiative abwandern würde, ist Quatsch. Oder gibt es eine, die wegen der Minder-Initiative weggegangen ist? Gibt es eine einzige, die jetzt ernsthaft daran denkt? Und wer möchte wirklich seriös behaupten, die Leistung eines Abzockers sei so viel wert?
Nichts weiter als normal und vernünftig ist es, dass wir diese Millionenlöhne bekämpfen. Wenn jetzt die Economiesuisse und ihre politischen Arme uns tatsächlich erklären wollen, dass eine Beschränkung des Lohnverhältnisses uns allen schade, dann wundere ich mich sehr. Noch vor kurzem war 1:12 in der Schweiz die Normalität – kaum ein Chef verdiente pro Monat mehr als sein schlechtest-bezahlter Arbeitnehmer.
Angst müssen wir nicht haben. Alles was die bürgerlichen Verteidiger der Abzocker als Argumente vorzubringen haben, ist bereits durch ihre Politik eingetreten. Enorme AHV-Einbussen wurden durch die Unternehmenssteuerreform II verursacht, Steuersenkungen für Reiche und Abschaffung der Erbschaftssteuer trifft viele Gemeinden und Kantone, Auslagerungen von Putz- und Wachpersonal ist schon lange Tatsache.
Es wird wohl also nicht viel passieren, wird die 1:12-Initiative am 24. November angenommen. Einzig: Die Schweiz würde wieder etwas normaler, die Löhne der Top-Manager würden vernünftiger. Darum braucht es ein JA zur 1:12-Initiative!
In Birsfelden Nr. 1 November 2013 [PDF, 2.9 MB]