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Von Jugendunruhen und fehlenden Projekten

Tottenham riots by Nicobobinus

Im heutigen Birsfelder Anzeiger gibt es ein seitenlanges Interview mit CVP-Gemeinderat Simon Oberbeck. Dabei gibt es Auskunft über das hin- und hergeschubste Sicherheitsdepartement und bedauert, dass er nur noch für die Bildung zuständig ist. Das Interview tönt überlegt, in weiten Teilen sachlich und kompetent.

Es gibt es nicht oft, dass eigentlich das Zitat alleine schon genügen würde. Das hier ist so ein Fall. Aber trotzdem wage ich es, noch ein paar Kommentare dazu zu geben. Wir dürfen ja gespannt sein, ob die möglichen nächsten Interviews auch ähnlich unterhaltsam werden.

Doch zunächst zum ersten Knaller: Die Jugendkommission wurde aufgelöst, es gäbe bessere Gefässe für diese Arbeit, so Oberbeck. Welche, das kann er nicht sagen. Denn in Sachen „projektbezogene“ Arbeit mit und für Jugendliche gibt es noch rein gar nichts. Das müsse ad-hoc von den Jugendlichen kommen.

Jetzt aber mal ehrlich: Wie sollen denn so Projekte entstehen? Eine Ansprechperson, früher die Jugendkommission, existiert ja nicht mehr. Und wenn sich eine Gemeinde darauf beschränkt, dass die Projekte von der Jugend aus kommen, dann sollten diese auch kräftig unterstützt werden, verdammt. Nicht so wie beim Openair!

Immerhin hat das Departement Leben in Birsfelden jetzt eine Vorsteherin, der ich ohne weiteres zutraue, hier die Prioritäten richtig zu setzen und der Jugend wieder einen Ort ausserhalb der Sicherheit zu geben, so wie es immer noch im Leitbild der Fall ist.

Als zweiter Kracher versteckt sich die Repression in dieser einen Spalte. Dank „Repression wie einem Rayonverbot“ hätte man die „Jugendunruhen“ [sic!] in den Griff bekommen. Jugendunruhen in Birsfelden? Ich meine ja auch, dass Birsfelden eine Stadt ist, aber einen Vergleich mit den Banlieues von Paris oder Marseille würde ich nicht wagen. Vielleicht wurden hier einfach nur unruhige Jugendliche mit Jugendunruhen verwechselt. Nicht das gleiche – auch nicht fast… Wer nicht versteht, was Jugendunruhen sind, sollte sich vielleicht einmal den Arte-Film Für eine andere Welt anschauen.

Und sowieso: Wie wirksam ist dieses Rayonverbot wirklich? Zahlen gibt es nämlich keine und ich sehe auch grosse Probleme bei der Umsetzung dieser Verbote.

Das Nugget zum Schluss lässt sich auch sehen: Mit der Schulraumplanung müsse zügig vorwärts gemacht werden, bevor die Situation eskaliere. Naja, wieso musste dann die Schulraumplanung (und noch mehr) in die Immobilienstrategie aufgenommen werden?

Das Schlimme an der ganzen Sache ist aber Folgendes: Wenn Simon Oberbeck über Jugend, Jugendliche und Jugendkultur spricht, sollte man immer im Hinterkopf haben, dass er Präsident der Jungen CVP ist. Er will also für Jugendliche sprechen, sich für sie einsetzen, ihnen eine Stimme geben. Leider zeigt sein politisches Engagement in der Gemeinde das gar nicht.

Foto von Nicobobinus auf Flickr