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Käse 2012

Parmesan Reggiano Bonati by artizone

Wer in den letzten Wochen regelmässig auf Facebook unterwegs war, konnte ihm nicht entkommen: Kony 2012. Viele Leute posteten das Video, klickten auf die Seite und verbreiteten die Botschaft, welche nicht immer ganz so klar war. Irgendwie ging es um einen Kriegsverbrecher, den man vor Gericht sehen möchte.

Kony 2012 ist eine wohl unangetastet erfolgreiche Kampagne. Gross bekannt wurde sie, weil das begleitende YouTube-Video innert kürzester Zeit mehrere Millionen Besuche bekam. Auch die Medien berichteten ausführlich, allerdings vor allem über die vielen „Views“, weniger über Hintergründe. Und die sind nicht so hell und schön, wie man es wollte.

Doch um was geht es? Im Zentrum steht der Warlord Joseph Kony, Anführer der Lord’s Resistance Army (LRA), die in Uganda einen theokratischen Staat einrichten will, der auf den Zehn Geboten basiert. Es sind ziemlich üble Leute, Kindersoldaten und weitere Menschenrechtsverletzungen sind offenbar normal. Kony kämpft seit 1986, als Yoweni Museveni den Diktator Idi Amin stürzte, gegen die demokratische Regierung von Museveni. Seit einigen Jahren hat sich die LRA aber in den Norden des Kongo zurückgezogen, weil die Ugandische Armee, unter anderem nach einem Massaker von 2007 an westlichen Touristen, heftig zurückschlug.

Der Kampgange Kony 2012 geht es nun darum, genügend öffentlichen Druck aufzubauen, damit Joseph Kony zur Verantwortung gezogen wird. Doch wirklich nur darum? Die hinter der Kampagne stehende us-amerikanische Organisation Invisible Children ist auf jeden Fall nicht über alle Zweifel erhaben. Nicht nur ist der Propagandafilm eine triefende Schwarte und der Regisseur Jason Russell kommt darin öfters vor als der blaue Himmel. Das Video ist extrem gut produziert, genauso wie alle anderen der Organisation, die dort dann aber Afrika oder Uganda höchst selten erwähnt. Auch gibt sie, gemäss dem Video unten, nur gerade einen Drittel ihrer Mittel in Afrika aus. Der Rest geht drauf für Videos.

Die Medien waren bisher immer sehr nett, berichteten über das „Phänomen“, selten über die wahren Hintergründe. Invisible Children scheint ziemlich evangelikale Ansichten zu haben, Joseph Kony ist seit sechs Jahren nicht mehr in Uganda und damit wäre die Kampagne auch nicht nötig, sondern ziemlich veraltet. Der Ugandischen Armee wird vorgeworfen selbst ziemlich brutal zu sein und im Verdacht zu stehen, bei der Jagd auf die LRA Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Komisch ist auch, dass die Macher der Kampagne einen militärischen Einsatz befürworten und sich auch schon mit den Waffen der Uganischen Armee ablichten liessen, wie die Zeit schreibt.

Dass das niemanden in den Redaktionsstuben interessiert? Doch, tut es! Wie beim folgenden Beispiel der Sendung aus dem Vereinigten Königreich oder bei der deutschen Wochenzeitung Zeit, welche eine ganze Serie zum Thema schrieb und meint, die Kampagne jage den Falschen. Oder indem sie in ihrem Netzblog auch über Kritik und fragwürdige Aspekte schreibt.

Ich verlinke hier auf keine der Seiten dieser Kampagne oder Organisation, schliesslich finde ich beide schlecht. Doch wer mehr Infos will, kann sich den folgenden Clip, leider auf Englisch, der Sendung 10 o’clock live von Channel 4 anschauen. Charlie Brooker erklärt ziemlich gut, was an der Sache alles faul ist.

http://www.youtube.com/watch?v=7lENpMWJavc&t=5m31s

Um was geht es im Video? Hier eine kurze Zusammenfassung: Charlie Brooker spricht zuerst über das manipulative Video, den Regisseur, welcher cool und inspirierend rüberkommen möchte, die Aufforderung zur Beteiligung an der Kampagne indem Politiker und Prominenten belästigt werden. Es sehe alles etwas nach einem seichten Werbespot aus. Er weist dann darauf hin, dass Kony vor sechs Jahren Uganda verlassen hat und die Ugandische Armee ebenfalls Gräueltaten verübt haben sollte.  Er merkt an, dass Russell evangelikal ist und zeigt in einem Vergleich auf, dass die für die Kampagne mobilisierten Jugendlichen ebenfalls ein wenig wie Kindersoldaten daherkommen. Danach folgt eine Diskussion, die ich hier nicht noch zusammenfassen möchte.

Foto von artizone auf Flickr